Beschreibung
Neben den festen Gottesdiensten am Wochenende finden Aufführungen von Konzerten, Kunstausstellungen und Vortragsreihen statt.
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Rundgang: Versteckte Schönheiten
An der Ostseite des Marktplatzes liegt gegenüber dem Rathaus die evangelische Hauptkirche. Als repräsentativer Bau tritt sie die Nachfolge eines mittelalterlichen, mehrfach baulich veränderten Vorgängerbaus an. Aufgrund von erheblichen Bau- und Raummängeln fällt 1898 in der evangelischen Gemeinde die Entscheidung, die alte Kirche niederzulegen und an ihrer Stelle einen Neubau zu errichten. Mit der Planung wird der Geheime Regierungsrat und Professor Johannes Otzen aus Berlin beauftragt. Er hat in Wuppertal-Elberfeld und Wiesbaden bereits drei protestantische Kirchen gebaut. Otzen legt drei Entwurfsskizzen vor, die nach Prüfung und Diskussion in der Repräsentation der Gemeinde zur Beauftragung und anschließenden Annahme eines überarbeiteten Entwurfs führen. Dieser schlägt eine Zentralanlage mit Chor, der zentralen Stellung von Altar und Kanzel sowie einem an der Nordwestecke angeschobenen Turm vor.
Nach Niederlegung der alten Kirche am 19. Oktober 1898 durch Deutzer Pioniere und vorbereitenden Arbeiten folgt am 2. Mai 1900 die Grundsteinlegung, am 2. Dezember 1902 die Eröff nung. Die Rheydter Hauptkirche ist gemäß des Wiesbadener Programms als „Versammlungshaus der feiernden Gemeinde“ konzipiert. Der Grundriss folgt der Form eines lateinischen Kreuzes. An den nur ansatzweise an einen Zentralraum anklingenden Mittelraum schließt die Apsis an, auf die wiederum die Sakristei folgt. Die Querarme treten kaum hervor, wodurch die Längserstreckung des Raumes die Blicke der Besucher auf Altar und Kanzel konzentriert. Im Westen steht auf der Empore die 1902 von Wilhelm Sauer aus Frankfurt / Oder geschaff ene, romantische, dreimanualige Orgel. Das Mobiliar der Kirche hat die starken Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs im Rheydter Stadtkern überstanden. Außen dominieren bewegte Großformen die in neoromanischen Architekturformen aus hellem Kordeler Sandstein, Grauwacke und Basaltlava erbaute Kirche, die nach dem Zweiten Weltkrieg Kupferdächer erhält.
Durch die Umgestaltung des Marktes 2014 gewinnt sie eine neue städtebauliche Präsenz.
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums entsteht 2004 eine weitgehend vollständige, nach Befunden rekonstruierte historistische Innenausmalung unter Planung von Architekt Christoph Mertens. 2011 wird in der Apsis und der Wartehalle eine neue Kunstverglasung nach Entwürfen von Thomas Kuzio unter Bauleitung von Architekt Ulrich Paar eingebaut. Seither stellt sich der Innenraum in einer neuen Gestaltungsqualität dar.
Information zum Baustil: HISTORISMUS
Als Historismus bezeichnet man einen Stil in der abendländischen Kunst vorwiegend während des 19. Jh. bis zum Ersten Weltkrieg. Nach den 1860er Jahren fi ndet er eine weite Verbreitung, da er das Repräsentationsbedürfnis des seit der Gründerzeit wohlhabend gewordenen Bürgertums abdeckt. Charakteristisches Kennzeichen ist die Wiederaufnahme und Nachahmung früherer Stilrichtungen, deren Einzelformen er in freier Kombination selektiv verwendet. So werden z. B. Säulen, Architrave, Skulpturenköpfe, Akanthusblätter u. a. rein dekorativ eingesetzt, um eine historische Atmosphäre zu erzeugen. Im Historismus weist man verschiedenen Baustilen oft unterschiedliche Funktionen zu: Kirchen werden z. B. im Stil der Neoromanik und besonders der Neogotik errichtet, Banken und Bürgerhäuser im Stil der Neorenaissance, Theater im Stil des Neobarocks und Fabrikhallen im englischen Tudorstil als unverputzte Ziegelsteinbauten. Große Beachtung schenkt man dem Repräsentationsbedürfnis, während funktionale Belange oft zurückgestellt werden. In der Spätphase entwickelt sich parallel zum Historismus der – teilweise durch ihn beeinfl usste – Jugendstil. Als kritische Gegenbewegung entsteht zu Beginn des 20. Jh. die Reformarchitektur, die schließlich in die Klassische Moderne mündet.
Bis zu Beginn des letzten Viertels des 20. Jh. ist der Historismus in weiten Teilen der Bevölkerung nahezu verpönt. Man sieht in ihm lediglich eine bloße Nachahmung vergangener Stile. Erst seither entwickelt sich die Akzeptanz für die gestalterischen Schöpfungen dieser Epoche, die große Teile unserer Innenstädte (in Mönchengladbach das Gründerzeitviertel, in Rheydt die Brucknerallee) bis heute prägen.
Öffentliche Verkehrsmittel
Bus:
Rathaus/Marktplatz
Bahn:
Hauptbahnhof Rheydt, Distanz ca. 1 km
Parkmöglichkeiten
Parkplatz Gracht, Tiefgarage Marktplatz