Die Harfe - eine imposante Schönheit

Annegret Koltze, ehemalige Schülerin, studiert Architektur und Denkmalpflege

Mal angenommen, die Harfe wäre ein Mensch. Wäre sie dann ein Mann oder eine Frau? Wer jetzt „Mann“ sagt, soll sich bitte bei der Autorin melden. Die Harfe gilt für viele als das weiblichste Instrument überhaupt. Das liegt sicherlich an ihrem weichen, zart gezupften Klang, der so lange nachhallt. Und an ihrer Schönheit, denn die Harfe ist mit ihren glänzenden, oft verzierten Holzteilen ein imposantes Instrument. Sie wirkt wie eine Musikerin im bodenlangen Abendkleid, die zwischen all den Orchester-Pinguinen im schwarzen Anzug und weißen Hemd heraussticht. Die Teile der Harfe heißen auch tatsächlich Kopf, Hals, Knie, Körper und Fuß. Verbunden sind sie durch sanft geschwungene Rundungen, auch sie erinnern an die Kurven einer Frau. Wer die Harfe spielt, hält diese Schönheit dabei in den Armen. Sie lehnt sich dabei sogar noch an den an, der sie hält. Das heißt natürlich nicht, dass die Harfe nur ein Instrument für Frauen ist - es hat einen anderen Reiz, wenn ein Mann sie spielt. Zwar fangen mehr Mädchen als Jungen mit dem Harfe spielen an, auch an der Musikschule. Aber an der Spitze sind wie bei den Köchen dann doch die Männer in der Überzahl.


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Zu wem passt die Harfe?

Harfenisten sind oft starke Persönlichkeiten, sie spielen meist alleine und tragen dadurch im Orchester viel Verantwortung. Es braucht Kraft, eine ausgewachsene Konzertharfe mit 1,90 Meter Größe und über 40 Kilo Gewicht zu bändigen. Kinder können aber auf einer kleinen Hakenharfe oder keltischen Harfe anfangen. Das ist schon mit fünf Jahren möglich. In der Musikschule wurden extra acht Harfen für den Unterricht angeschafft. Das ist nur fair - es muss ja auch kein Kind jede Woche mit seinem Klavier auf dem Buckel zum Unterricht kommen. Mit so vielen Harfen ist die Musikschule besser ausgestattet als die meisten anderen.

Schon in der ersten Stunde kann man an der Harfe kleine Melodien spielen, denn einen Ton zu zupfen, gelingt auf Anhieb. Geschickliche Finger sind hilfreich, regelmäßiges Üben natürlich auch. Aber wer nicht von Natur aus bienenfleißig ist, hat bei der Harfe immer einen Joker auf der Hand -  den Satz: „Ich muss aufpassen, sonst kriege ich Blasen an den Fingern“.

Berühmte Harfenmusik

Glockenhell und leicht klingt das berühmte „Harfenkonzert in D-Dur“ von Vivaldi. Durch seine klare, regelmäßige Struktur wirkt das Barockkonzert beschwingt wie ein höfischer Tanz. Das ist wunderbare Entspannungsmusik, ganz ohne esoterischen Touch.

In ihrem „Celtic Concerto“ greift die walisische Harfenistin Catrin Finch traditionelle Harfenmotive ihrer Heimat auf. Vor allem der zweite Satz mit auf- und absteigenden Melodielinien klingt so ruhig und erdig wie ein moosiger Keltenstein. Lieblich, romantisch und märchenhaft ist die Musik zu dem Weihnachtsfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ von Karel Svoboda. Im Original läuft die Harfenbegleitung mit - wie weiche, dicke Schneeflocken im Winterwald. Das ist heile Welt pur, aber geistreich gemacht und auch bei Erwachsenen Kult.Die Saiten der Harfe erinnern etwas an ein Spinnennetz. Und die Finger des Harfenisten huschen darüber wie die Beine einer Spinne. Das brachte Paul Patterson 1983 auf die Idee, das Stück „Spiders“ (Spinnen) zu komponieren. Am wildesten ist der vierte Satz „Tarantula“. Da spielt der Musiker „wie von der Tarantel gestochen“, er schlägt und schrubbt über die Saiten. Das klingt ungewohnt dunkel, nasal, aggressiv und gerade deshalb faszinierend. 

Hye-Young Kim

Harfenlehrerin aus Korea

Auch in der Natur lässt es sich wunderbar Harfe spielen, wie Annegret Koltze zeigt.

„Die Harfe ist mein Leben“, sagt Hye-Young Kim. „Ohne sie könnte ich nicht sein.“ Dabei war dieses Instrument während ihrer Kindheit in Korea völlig unbekannt. „Die westliche Welt und Musik waren bei uns fremd.“ Mit fünf Jahren begann sie Klavier zu spielen. Nach der Schule ging sie direkt ans Klavier und begleitete auch jeden Abend eine Stunde lang ihre Mutter, die sehr gerne sang. „Das war für mich kein Üben“, sagt sie. „Es war der Höhepunkt meines Tages.“ Aber als 13-Jährige hörte sie ein Harfenkonzert und war völlig fasziniert vom Klang und exotischen Aussehen dieses Instruments. Ihre Eltern ermöglichten ihr Unterricht bei dem einzigen Harfenlehrer in Seoul. Doch im Musikstudium musste Hye-Young als Hauptfach Klavier belegen, weil es keinen Harfenprofessor gab. Für ihre künstlerische Abschlussprüfung und das Konzertexamen ging sie deshalb nach Köln - ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Nach dem Examen war sie acht Jahre lang Harfenistin im Limburger Sinfonie-Orchester und trat in einem Harfenduo auf. Als sie 2008 bei einem Weihnachtskonzert spielte, sprach der damalige Musikschulleiter Christian Malescov sie an, ob sie sich vorstellen könnte, eine Harfenklasse  aufzubauen. Sie sagte zu und findet diese Arbeit bis heute großartig. Inzwischen hat sie 24 Schülerinnen und Schüler und einen Ruf als leidenschaftliche und pädagogisch hervorragende Lehrerin. Ihre ersten Schülerinnen studieren inzwischen Harfe - der Weg dahin war für sie weit einfacher als bei Hye-Young Kim.

Sophie Shen

Harfenstudentin und Karajan-Stipendiatin mit chinesischen Wurzeln

Bei einem Vorstellungsgespräch als Orchestermusikerin sollte Sophie Shen besser nicht sagen, warum sie sich für die Harfe entschieden hat: weil sie als Siebenjährige in der Musikschule eine Harfe so wunderschön rosa fand. Sie war damals ein absoluter Rosa-Fan - dieses Instrument musste es sein. Doch es passte zum Glück nicht nur die Farbe: bereits mit neun Jahren nahm Sophie sehr erfolgreich bei „Jugend musiziert“ teil. Sechsmal war sie in den folgenden Jahren beim Bundeswettbewerb, fünfmal mit einem ersten Preis, dreimal mit der maximal möglichen Punktzahl. Sie war auch in der „S-Klasse“, der Hochbegabtenförderung der Musikschule. In der Harfenklasse der Berliner Hanns-Eisler-Hochschule, wo sie inzwischen studiert, ist sie als Jüngste in ihrem Jahrgang gestartet. Ihre erste Modulprüfung hat sie mit der Note 1,0 abgeschlossen. Inzwischen war sie zwei Jahre lang Karajan-Stipendiatin und auf Konzert-Tournee mit den Berliner Philharmonikern, dem renommiertesten deutschen Orchester. Auch beim ARD-Musikwettbewerb hat sie sich 2023 für die zweite Runde qualifiziert. „Hye-Yung Kim hat mir halt eine sehr gute Basis mitgegeben“, sagt Sophie.

Übrigens...

Warum sind die Saiten der Geige einfarbig, aber Harfensaiten zwischendurch rot und blau? Jeder, der bis vier zählen kann, kommt bei der Geige klar. Aber die Konzertharfe hat nun mal 47  Saiten. Deshalb sind als Anker alle C-Saiten rot und alle F-Saiten blau. Die Konzertharfe hat sieben Pedale. Sie erfüllen die Aufgabe der schwarzen Tasten am Klavier, indem sie jeden Ton um einen Halbton erhöhen oder erniedrigen. Bei Hakenharfen müssen Halbtöne von Hand an den Haken eingestellt werden. Auf dem Holzrahmen, der alle gespannten Saiten hält, ist insgesamt ein Druck von 1,5 Tonnen - so viel wiegt ein Mittelklasse-Auto.