Von gestern bis morgen - Der Abteiberg im Wandel der Zeit

Tag des offenen Denkmals - September 2018

Münster St. Vitus - eine tausendjährige Baugeschichte

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Die Baugeschichte des Münsters umfasst mehr als 1.000 Jahre. Eine dichte Abfolge von Baumaßnahmen ließ ein Gemenge an Bauformen und Gestaltungsdetails, eine markante Silhouette und ein städtebaulich wie architektonisch unverwechselbares Ensemble auf dem Abteiberg entstehen.

Das heutige Münster ist bereits die dritte romanische Abteikirche an dieser Stelle, sie wurde durch den Anbau der gotischen Chorhalle im Spätmittelalter baulich erweitert. Der Gründungsbau (Bau I, ca. 974-1000) war ein einschiffiger Saalbau etwa in Breite des Mittelschiffs. Er ist nur noch archäologisch nachzuweisen. Über Jahrhunderte blieb die Kirche eine Baustelle.
Abt Adalbero (Abt ca. 1090-1110) plante einen großzügigen Neubau, von dem jedoch nur der Chor mit den Nebenchören und der erhaltenen Krypta ausgeführt wurden.
Abt Christian (Abt ca. 1110-1129) ließ Seitenschiffe und zwei Kapellen bauen.
Über das um Seitenschiffe und den neuen Ostchor erweiterte Kirchengebäude (Bau II, um 1100-1116) fehlen schriftliche Baunachrichten.

Abt Rupert (Abt um 1158-1183) begann mit dem Bau einer dritten Kirche, dem heutigen Münster (Bau III, 1180-1183). Es entstand der Kern des als Dreiturmgruppe geplanten, aber unvollendeten Westwerks. Erst Abt Gerhard (Abt um 1215-1239/40) wandte sich dem Langhaus zu. Er ließ den frühromanischen Saalbau der Gründungskirche niederlegen und eine dreischiffige Basilika im gebundenen System mit drei Jochen im Langhaus und der vor dem südlichen Seitenschiff liegenden Apostelkapelle errichten (Bau IV, 1228-1239). Das auf Wölbung angelegte Langhaus erhielt eine hölzerne Flachdecke, die erst im 2. Viertel des 15. Jh. unter Abt Wilhelm Rouver I. von Wevelinghoven (Abt 1424- resigniert 1450) durch steinerne, spätgotische Gewölbe ersetzt wurde.
Sowohl Westwerk als auch Langhaus blieben unvollendet, aufgrund der Verschuldung der Abtei konnte die Kirche nach Osten nicht mit der geplanten Dreikonchenanlage nach den Vorbildern von Groß St. Martin oder St. Aposteln in Köln geschlossen werden.

Trotz der desolaten Wirtschaftslage ließ Abt Theoderich (Abt um 1256 - um 1301) kurz nach 1256 die frühromanische Choranlage des 11. Jh. bis auf die Krypta niederlegen. Baumeister Gerhard von Rile (um 1210/15-1271) übernahm die Aufgabe, über der Krypta eine filigrane, von Licht durchflutete Chorhalle mit anschließender Sakristei, dem Stephans-Chor im Süden und dem Martins-Chor im Norden im Stil der französischen Kathedralgotik zu errichten (Bau V, 1256-1275).
Die Schlusssteine des Chores und die Ausstattung der Sakristei belegen die herausragende Steinmetzkunst der aus seiner Werkstatt stammenden Bauplastik. Für die Chorhalle entstand das Bibelfenster, das in zwei Fensterbahnen Szenen des Alten Testaments den neutestamentlichen Szenen aus dem Leben Jesu gegenüberstellt. Es gehört zu den bedeutendsten Kunstwerken des 13. Jh. im Rheinland.
Am 28. April 1275 benedizierte Albertus Magnus den neuen Hochaltar des Chorhauses. Abt Wilhelm von Oranien (Abt 1334-1366) ließ das Westwerk nach 1343 mit einem oktogonalen dritten Turmgeschoss unter Pyramidenhelm ergänzen. Damit hatte das Münster weitgehend die heutige Gestalt erhalten.

Nach der Säkularisation des Klosters fand das Münster weder Beachtung noch Pflege. Erst mit Vincenz Statz (1819-1898) begann 1857-1862 die Tätigkeit der großen Baumeister des 19. Jh. im Rheinland. Er stoppte den baulichen Verfall, griff aber auch dem Zeitgeist entsprechend rigoros in die mittelalterliche Bausubstanz ein. Er entfernte die gesamte nachmittelalterliche Ausstattung und ersetzte sie durch ein neogotisches Interieur. Als Pendant zum nördlichen Zugang des 14. Jh. schuf er auf der Südseite des Westturmes einen Treppenaufgang in die Abtskapelle.
Julius Busch (1838-1912) entfernte 1890/92 die Barockhaube und erhöhte den Turm um ein gemauertes Geschoss unter einem spitzen achtseitigen Helm, wodurch sich die Proportionen der Kirchensilhouette nachteilig veränderten. 1904 führte Josef Kleesattel (1852-1926) weitere Instandsetzungsarbeiten an den Fassaden aus. Aufgrund der Verwertung der Kupfereindeckung wurde der Helm nach 1914 bis auf den steinernen Turmschaft abgenommen.

Am 30./31. August 1943 und erneut am 10./11. September 1944 zerstörten Fliegerangriffe die Kirche bis auf die Außenmauern. Die Dächer brannten aus, wodurch fast alle Gewölbe sowie das Mittelschiff der Krypta einstürzten. Es ist kaum zu glauben, dass die gotischen Schlusssteine der Chorhalle dabei nicht verloren gingen, sondern nahezu unbeschädigt im Schutt der Krypta geborgen werden konnten. Die sakrale Ausstattung ging weitgehend verloren und die frei stehenden Außenwände der Kirche waren schutzlos der Witterung ausgesetzt.

Auf Initiative der Mönchengladbacher Bürgerschaft gründete sich unter Führung von Hans Bange (1909-1992) der Münster-Bauverein, 1946/48 begannen die Arbeiten zur Sicherung der Kirchenruine. Für den Wiederaufbau zeichnete der Architekt Konrad Bayer (1910-1993) verantwortlich.
Ziel waren die Wiederherstellung des mittelalterlichen Erscheinungsbildes und der Rückbau der Änderungen aus dem 19. Jh. Der Hauptturm wurde auf die romanische Höhe rückgebaut und erhielt wieder ein flaches, achtseitiges Zeltdach. Der Aufgang zum Martinschor wurde zurückverlegt, die 1858/61 neu angelegte Mitteltreppe zur Krypta wieder aufgegeben und an die Stelle der beiden seitlichen Zugänge des 13. Jh. zurückverlegt. Durch Wiederherstellung der Triforien gewann man die  spätromanische Gliederung der inneren Hochschiffwände zurück. Hugo Borger dokumentierte durch seine archäologische Grabung nicht nur über 250 Bestattungen im Innern des Münsters, sondern erschloss auch neue Erkenntnisse zur komplexen Baugeschichte der Kirche.

Bis 1958 war der Wiederaufbau der Basilika weitgehend abgeschlossen. 1959 ersetzte Bildhauer Peter Haak die verlorenen Filialen der Chorhalle durch abstrahierte Engelsfiguren aus Muschelkalk. Die Orgelbauwerkstatt Rieger stellte 1961 eine neue Orgel in der Abtskapelle auf. Der Münster-Bauverein setzte sich auch für die künstlerische Innenausstattung ein: Ewald Mataré schuf den neuen Hochaltar (1958), von Franz Gutmann stammen der Bronzeeinsatz (1975) für das romanische Taufbecken, die Eisengusstür (1975) des Südportals und die Ecclesia (1997) in der Apostelkapelle, Elmar Hillebrandt gestaltete Triumphkreuz (1975), Ambo (1991) und Standleuchter (1996). Bis in die 1980er Jahre lieferten Entwürfe zeitgenössischer Kunstverglasungen Wilhem Geyer für Chor (1955-65) und Nordschiff (1960), Daan Wildschut für Obergaden (1958) und Abtskapelle (1961), Wilhelm Buschulte für das Südschiff (1975), Hans Lünenborg für die Sakristei (1981) und Georg Meistermann für die Krypta (1986).

1974 erhob Papst Paul VI. (1963-1978) anlässlich der 900-Jahrfeier die ehemalige Klosterkirche beim 84. Deutschen Katholikentag zur päpstlichen Basilica minor.
Umfassende Sanierungsarbeiten mit statisch-konstruktiver Sicherung, Austausch verwitterter Tuffsteine, neuem Schieferdach und einer auf Basis der mittelalterlichen Originalausmalung umgesetzten Innensanierung schlossen die jahrelangen Bauarbeiten zur Heiligtumsfahrt 2007 ab.

Citykirche St. Mariä Himmelfahrt

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Die Kirche St. Mariä Himmelfahrt steht auf dem oberen Plateau des nach Süden zum Geropark abfallenden Abteiberges. Ihr hoher Westturm unter spitzem Turmhelm ist seit Jahrhunderten weithin als Landmarke sichtbar. Nach Norden öffnet sich eine freie Fläche über den Edmund-Erlemann-Platz zum Alten Markt. Auf der Südseite begrenzt eine Häuserzeile des 19. Jh. den als mittelalterlichen Begräbnisort genutzten Kirchplatz.

Lage

Die ehemalige Hauptpfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt - seit dem Jahreswechsel 2005/06 mit neuen überpfarrlichen Angeboten als Citykirche genutzt - ist eine spätgotische, dreischiffige und mit Tuffsteinen verblendete Basilika. Sie nimmt einen exponierten Platz auf dem oberen Plateau des Abteiberges ein.
Auf ihrer Südseite hat sich eine zweigeschossige Zeile von Wohnhäusern vorwiegend aus der 2. Hälfte des 19. Jh. erhalten, die die Topographie des Gladbacher Hügels nachzeichnet. Als Begräbnisort diente noch zu Anfang des 19. Jh. u. a. der zwischen Kirche und Häusern liegende Kirchhof. Bei Bodeneingriffen konnten weitere Grabstätten auch unmittelbar nördlich der Kirche untersucht werden.
Zum Alten Markt öffnet sich ein der Kirche vorgelagerter und bis 1945 bebauter Kirchplatz. Seit 2016 ist er nach dem beliebten und sozial sehr engagierten Pfarrer Edmund Erlemann (1935-2015), dem früheren Oberpfarrer von Hauptpfarrkirche und Münster benannt.


Unmittelbar neben der Citykirche steht an der Rathausstraße das Gasthaus St. Vith. Erbaut auf Veranlassung von Abt Jakob Hecken am Ende des 16. Jh., diente es der Unterkunft und Verpflegung klösterlicher Gäste. Im Innern weitgehend in Erscheinungsbild des späten 19. / frühen 20. Jh. erhalten, ist es heute ein beliebter touristischer und gastronomischer Treffpunkt in der Altstadt. Unweit davon steht an der Rathausstraße / Weiherstraße die 1912 von Emil Hollweg (1882-1943) aus Muschelkalk geschaffene Skulptur des Grafen Balderich. Stützmauern an Rathaus-, Abtei- und Weiherstraße akzentuieren die stufenförmig angelegten Terrassen am steilen Südhang des Abteibergs. Die weitere Bebauung im Umfeld des Alten Marktes stammt vorwiegend aus der Wiederaufbauphase des 20. Jh.
Die Gründung einer ersten Kirche auf dem Abteiberg liegt weitgehend im Dunkel der Geschichte. Bauliche Reste eines karolingischen Ursprungsbaus – wie von der Legende über den Grafen Balderich berichtet – sind bislang nicht bekannt.
Konkrete bauliche Hinweise liegen erst für einen romanischen Vorgängerbau der heutigen spätgotischen Kirche vor. Im Rahmen von Ausschachtungen wurden 2012/13 mehrere Funde im Kircheninnern freigelegt, die seit der Restaurierung und Nutzungsänderung zur Citykirche in archäologischen Fenstern unter begehbaren Glasplatten präsentiert werden.

Älteste und bedeutendste Funde sind eine Außenmauer aus Tuffsteinen (Römertuff / Eifel) mit zugehörigem Fliesenboden im ehemaligen Kirchenschiff. Der Mauerstreifen und Bodenbelag lassen sich nur durch Keramikfunde in das 13. Jh. datieren. Der Fliesenboden besteht aus schwarz und weiß gefassten, in Schachbrett- und Streifenmuster verlegten Keramikfliesen (16 x 16 x 2 cm). Unter diesen Fliesen liegt ein älterer Estrich mit den Abdrücken eines wegen fehlender Funde nicht zu datierenden Fußbodenniveaus. Über den erhaltenen Fliesen folgt ein Brandhorizont aus Holzkohlen und Bruchstücken von Dachschiefern. Sie dürften vom Einsturz des Kirchendaches nach einem Schadfeuer stammen. Im Brandschutt fand sich eine im Jahr 1343 im Erzstift Köln unter Erzbischof Walram von Jülich (1332-1349) in Köln-Deutz geprägte Kopfturnose – einer nach der französischen Stadt Tours benannten Silbermünze. Da es erst nach dem Prägejahr der Münze in der Kirche gebrannt haben kann, steht damit auch der früheste Zeitpunkt dieses verheerenden Unglücks fest. Auf die Brandschicht wurde ein provisorischer Stampflehmboden unter Wiederverwendung von alten, gebrochenen Fliesen neu verlegt.
Auch die unteren Teile des Westturmes bis in Höhe der Seitenschiffdächer gehören noch zur frühen romanischen Bausubstanz. Die Turmfundamente sind durch drei Lagen großformatiger Quader aus Trachyt (Drachenfels / Rhein) dokumentiert, deren Höhenlage auf das Niveau des o. g. Fliesenbodens Bezug nimmt.
Verschiedene Befunde in den beiden anderen archäologischen Fenstern belegen weitere Umbauten an Kirchenschiff und Chor. Die räumliche Lage der archäologisch festgestellten Außenmauern, des Turms und des Chores lassen eine vermutlich dreischiffige romanische Kirche von der annähernden Größe der heutigen Raumes erkennen. Das alte Bild eines einschiffigen Gebäudes mit Dreikonchenanlage und Vierungsturm nach dem Vorbild von Groß St. Martin in Köln, wie aus dem 17. und 18. Jh. überliefert, ist nicht länger aufrecht zu halten.
Der Neubau machte den Abriss der romanischen Vorgängerkirche erforderlich und führte zur Entstehung der spätgotischen Kirche St. Mariä Himmelfahrt, wie wir sie heute erkennen. Ein Bauschutthorizont in den Bodenprofilen dokumentiert auch dieses einschneidende Bauprojekt. Die Grundsteinlegung bezeugt eine an der Choraußenwand eingelassene Steinplatte mit einer Bauinschrift aus erhabenen gotischen Minuskeln auf eingetieften Zeilen vom 9. August 1469. Sie lautet:
in den jaren ons heren mcccclxix op s[an]c[t]. lare[n]cius aue[n]t an gelacht
- Im Jahr unseres Herren 1469 an St. Laurentiusabend (10. August) angelegt -
Nach einer Bauzeit von immerhin 64 Jahren war die Kirche 1533 fertig gestellt. Auch dieses Datum ist durch eine in gotischen Minuskeln verfasste Bauinschrift am südöstlichen Strebepfeilerkopf oberhalb der Sakristei dokumentiert:

mcccccxxxiii

Die originale Bauinschrift wird seit Abschluss der letzten Bausanierung 2013 aus konservatorischen Gründen im südlichen Seitenschiff in geschütztem Umfeld aufbewahrt. Am Strebepfeilerkopf ist eine Replik eingesetzt.
Schon die Vorgängerkirche war 1243 aus wirtschaftlichen Gründen in die Abtei inkorpiert worden. Mönche fungierten seit dieser Zeit bis zur Säkularisation 1802 als Pfarrer und Kapläne. In französischer Zeit wurde sie 1804 zur Kantonalskirche erklärt und erhielt die Abteikirche St. Vitus als Nebenkirche. Alle neu entstandenen Pfarreien des Mönchengladbacher Stadtgebietes gingen im Verlauf des 19. und 20.  Jh. von der Hauptpfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt aus.
Die spätgotische, ehemalige Stadtpfarrkirche markiert als dreischiffige Gewölbebasilika mit Langhaus, begleitenden Seitenschiffen, polygonalem Chor und hohem Westturm unter spitzem Turmhelm das Plateau des Abteibergs. Sie bildet die südliche Platzkante des Alten Marktes / Edmund-Erlemann-Platzes und ist das Dokument der mittelalterlichen Bebauung, die die schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs – nicht ganz ohne Schäden – überstanden hat.
Die Nutzungsänderung zur Citykirche und die anschließende umfangreiche Sanierung haben im Innern die gestalterischen und technischen Voraussetzungen zu vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten geschaffen.

Stadtmauer

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Gladbach erhielt zwischen 1364 und 1366 das Stadtrecht. Damit war die Pflicht verbunden, eine Stadtbefestigung zu errichten. Mit dem Bau der Stadtmauer wurde vermutlich Ende des 14. Jh. begonnen. Erst im 15. Jh. dürfte sie vollständig fertig gestellt gewesen sein. Reparaturen sind aus den Jahren 1414, 1514, 1588-90 und nach dem Stadtbrand von 1652 überliefert. Neben den 1589 genannten neun Türmen existierten auch drei Toranlagen, die die Zugänge in die Stadt sicherten. Durch Einbeziehung des Großen Abteigartens östlich des Münsters erweiterte man den Mauerring um 1770. Zu Beginn des 19. Jh. erfolgte der Abriss der Stadtbefestigung und der Tore. Seither haben sich nur geringe bauliche Reste erhalten.

Idealerweise besteht eine Stadtbefestigung aus der Kombination einer Stadtmauer mit Wehrgang, von Verstärkungstürmen und einem nach außen vorgelagerten Graben mit Wall. Damit die Verteidiger den Wehrgang und die Türme schnell erreichen konnten, verlief auf der Innenseite der Stadtmauer ein Weg. So war es auch in Mönchengladbach, allerdings haben sich viele Bauteile der Stadtbefestigung nur noch in Namen (z. B. An der Stadtmauer, Wallstraße) und wenigen aufgehenden Bauresten erhalten.

Stadtmauer, Mauertürme und Stadttore – Sicherheit und Enge

Zu Ende des 14. Jh. begann die Gladbacher Bürgerschaft mit dem Bau einer Stadtmauer. Erstmals genannt wird sie 1388, vollständig fertig gestellt wurde sie vermutlich nicht vor Ablauf des 15. Jh. Der Zugang in die Stadt erfolgte über drei Toranlagen. Ihre Lage bestimmt bis heute die übergeordnete Wegeführung auf dem Markthügel.

Ein Abschnitt der spätmittelalterlichen Stadtmauer hat sich im Geropark erhalten. Die am Fuß des Abteibergs errichtete Mauer diente dem Schutz der bis in die Gladbachaue reichenden Stadt und sollte das Übersetzen von Angreifern über den Großen Weiher verhindern. Der an der Südostseite gelegene und rudimentär erhaltene Kampenturm ist ein hufeisenförmiger Schalenturm des frühen 15. Jh., der zur Stadt hin offen war. Er überragte die Stadtmauer nicht und seine auf einem Gewölbe ruhende Wehrplattform war von dort aus erreichbar. Moderne Erdanschüttungen haben die frühere Höhe von Mauer und Turm um ca. 2,5 m reduziert.

Der Pulverturm - auch Dicker Turm genannt - ist ein mächtiger Turm der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung an der Waldhausener Straße / Turmstiege. Der zur Stadt hin abgeflachte Rundturm hat einen Außendurchmesser von ca. 12,5 m. Seine Mauerstärke beträgt ca. 3,25 m, Rauchabzüge oberhalb seiner Schießkammern weisen den Turm als ein Bauwerk des frühen 16. Jh. aus. Der aus Feldbrandsteinen gemauerte Turm war während der Mitte des 20. Jh. nur bis zu einer Höhe von ca. 7 m erhalten und schloss mit einer Plattform ab.  Erst 1974 baute man ihn wieder auf und ergänzte das mit Schiefern gedeckte steile Kegeldach.

Unweit des Dicken Turms liegt der Kleine Turm. Beide werden durch einen gut erhaltenen Abschnitt der alten Stadtmauer miteinander verbunden. Der halbrunde Wachtturm mit einem Durchmesser von ca. 4,5 m besitzt eine Wandstärke von ca. 1,4 Meter. Somit ist sie nur geringfügig stärker als die Stadtmauer selbst.
Zu Beginn des 19. Jh. hat man alle Toranlagen geschleift, sie sind nur noch archäologisch nachweisbar. Das Markttor, ein imposantes Bauwerk innerhalb der Stadtbefestigung, lag im Bereich der heutigen Sandradstraße / Aachener Straße und wurde um 1466 erstmals erwähnt. Während des Großen Stadtbrands 1652 schwer beschädigt, wurde es wieder aufgebaut. Bürgermeisters J. P. Bölling ließ es um 1809 abreißen.

Das Krefelder Tor, 1497 auch „Juden Pfortze“ genannt, war ein durch einen Zwinger verbundenes Doppeltor. Sein Name geht auf das frühere jüdische Wohnviertel an der heutigen oberen Hindenburgstraße zurück. Im Jahre 1809 kam auch für das Judentor das Ende. Es wurde auf Abriss verkauft. Im Rahmen von Straßenarbeiten auf der Hindenburgstraße wurden im Jahr 2003 die Fundamente des Tores archäologisch dokumentiert.

Das Weihertor, auch „Eickerpfortzen“ und 1458 „Wiierportzen“ genannt, stammt aus der Mitte des 15. Jh. Das Turmtor erhielt nachträglich einen Zwinger mit Vortor. Von dem im Jahr 1809 abgerissenen Tor existieren im Gegensatz zu den beiden anderen Stadttoren aufgrund seiner Nähe zu Münster und Kloster historische Abbildungen. Die älteste Darstellung, ein Altarbild des Jahres 1597, ist im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen. Lambert Doomers hat das Tor in der Mitte des 17. Jh. gezeichnet.

Größere Stadtmauerreste mit integrierten Turmfundamenten (Bornefeldtum, Wyenturm) und einer barocken Toranlage finden sich im Großen Abteigarten. Ursprünglich zum Kloster gehörig, wurde er erst um 1770 in die Ummauerung einbezogen und dient heute als Außenbereich des Museums Abteiberg.

Nach Westen schließt sich der Kleine Abteigarten unterhalb der Propstei an. Dieses Gebäude war das Hospital des Klosters, dient aber schon seit 1802 als Pfarrhaus und ist heute Sitz der Kirchengemeinde St. Vitus.

Museum Abteiberg

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Das Museum Abteiberg liegt am Südwestrand des Abteibergs oberhalb des Großen Abteigartens in unmittelbarer Nachbarschaft zu Münster, Rathaus, Altem Markt und Citykirche.
Der Österreicher Hans Hollein (1934-2014) erarbeitet in komplexen Planungen zwischen 1972 und 1982 einen völlig neuartigen Museumsbau für die Kunst der Moderne und der Gegenwart. Das Gebäude gilt als einer der bedeutendsten und richtungsweisenden Gründungsbauten postmoderner Architektur in Deutschland. Es ist weltbekannte Architekturikone und genießt internationales Renommee.
Das Museum auch nur annähernd und in Gänze zu beschreiben ist kaum möglich. Als Gesamtkunstwerk entzieht es sich jeder klassischen Form der Baubeschreibung. Seine plastische und räumliche Komplexität ist großartig. Die Raumebenen sind ineinander verschränkt, sie lassen sich nicht geschossweise gliedern. Der Reiz des immer wieder Neuen führt zu unerwarteten, reizvollen wie verwirrenden Aus- und Einblicken. Die räumliche Vielfalt erlaubt es dem Besucher, sich frei durch das Gebäude zu bewegen und sich immer wieder von Raumformen, Raumabfolgen und gestalterischen Details überraschen zu lassen. Vorgegebene Wege existieren in diesem Hause nicht. Die eigene Entscheidung des Besuchers über seinen Weg durch das Haus ist gefordert.
Der Architekturhistoriker und -kritiker Dr. Wolfgang Pehnt (*1931) beschreibt das Innere:
„… Den wenigsten Gästen dürfte die Organisation der Räume in gedanklich nachvollziehbaren Grundrißfiguren deutlich werden: zwei Haupt- und Verteilerzonen übereinander, von denen diagonal angeschlossene Saalfolgen in drei Geschossen, also halbgeschossig versetzt, abgehen, aber auch Gänge und Appendixe in nicht vorgegebener Ordnung. Es ist ein Haus, dem auch nach mehreren Besuchen etwas von Geheimnis bleibt, in dem einen nie das Gefühl verläßt, man könne einen Restraum unter einer Treppe, eine gefangene Flucht von Kabinetten, ein angehängtes Kuppelsälchen verpaßt haben ...“
Von außen erschließt sich das komplexe Gebäude nicht. Ein großes Raumvolumen ist – wie bei einem Bergwerk – unterirdisch in den Abteiberg gesetzt. Nur wenige Großformen wie der Verwaltungsturm, der Kubus für Wechselausstellungen oder die kleeblattförmigen Ausstellungsräume unter Sheddächern wirken frei und eigenständig nach außen.
Der mehrgeschossige, mit neuen Sandsteinplatten aus Obernkirchen verkleidete  Verwaltungsturm erhebt sich prägend als Punkthochhaus in die Höhe. Auf fast allen Seiten flächig mit Natursteinen verkleidet, ist seine ondulierte Südwestecke aufgebrochen und verglast. In drei höhenversetzten Ebenen treten Balkone vor die Fensterfassaden und zitieren die „Reisterrassen“ im Abteigarten.
Nach Osten folgen die in einem zweigeschossigen Baukörper untergebrachten Restaurierungswerkstätten, die nach Norden großflächig durch Fenster belichtet und mit dem über eine Toranlage markierten Anlieferungsbereich an der Abteistraße angebunden sind.
Der südöstlich anschließende Ausstellungsbereich wird durch sieben über quadratischem Grundriss versetzt angeordnete, mit Zink verkleidete Sheddachhallen markiert, die an die textile Industriegeschichte der Stadt erinnern. Südöstlich davon liegt ein schmaler Gang als Fortsetzung der westlich anschließenden Plattenebene, der zur Schule überleitet. In einem Zwickel südlich anschließend liegt ein rundes Gebäude unter Faltkuppeldach.
Die mit chinesischen Granitplatten neu belegte Plattenebene bildet das begehbare Dach der Sammlung. Auf ihr befindet sich frei stehend der quadratische, als Haupteingang gedachte und mit weißem Marmor verkleidete Einstiegspavillon („Kulturtempel“), aus dem die Besucher in die tiefergelegenen Räume der Sammlung hinabsteigen können. Der weiße Marmorblock vor dem Pavillon trägt den vergoldeten Schriftzug „Museum“ und die Signatur „Hans Hollein 1972/82“ an der oberen Ecke. Westlich hiervon führt eine Treppenanlage in den Terrassengarten und weiter in den Großen Abteigarten. Von der hofartigen Ebene vor dem Pavillon aus überbrückt eine nach Norden gerichtete Fußgängerbrücke die tiefer liegende Abteistraße. Sie schließt an die Krichelstraße an, von der aus ein Durchstich zur Fußgängerzone in der Hindenburgstraße geplant ist, bis heute aber nicht hergestellt werden konnte. Unterhalb der Brücke liegt der heutige Hauptzugang des Museums. An der Westseite begrenzt der Kubus für die Wechselausstellungen die Plattenebene.
Südlich des Kubus und des Eingangspavillons schließen sich die zum Großen Abteigarten gerichteten, geschwungenen Ziegelsteinmauern der „Reisterrassen“ an. Materiell nehmen sie Bezug auf die barocke Stadtmauer des Abteigartens, zeigen aber ein organisch neues Gestaltungselement. Ein altes aus Blaustein geschlagenes historisches Brunnenbecken mit integrierter Faunmaske ist an ihrem Terrassenfuß eingelassen. Sitzbänke laden zum Verweilen ein.
Aus Museumsräumen, von der Plattenebene und den „Reisterrassen“ bestehen durch direkte Sichtbezüge enge Verbindungen zu und mit dem städtischen Umfeld. Eingebettet in den Großen Abteigarten, entwickeln sich die Terrassen als topographisches Bindeglied zwischen Gartenpark und Museumsgebäude. Weitere Sichtachsen nehmen die Propstei mit dem Kleinen Abteigarten und ihrer imposanten Blutbuche in den Blick, die ehemaligen Klosterbauten und die Kirche St. Vitus mit ihrer filigranen Chorhalle.
Von außen nach innen, von oben nach unten und miteinander verbunden
Die sich von außen darstellende Vielgestaltigkeit und Eigenständigkeit der einzelnen Baukörper findet ihr adäquates Pendant im Inneren des Museumsgebäudes. Hans Hollein plante den Zugang in das Museum – anders als heute üblich von der Abteistraße aus gewählt – von oben nach unten über den Einstiegspavillon. Ausgehend von der Plattenebene betritt der Besucher das Museum durch den „Kulturtempel“. Man folgt seinen Stufen in die Tiefe des Bauwerks, sich das Gebäude von oben nach unten erschließend hinein in das „Bergwerk Museum“. Aus ihm kann man später mit neuen Erkenntnissen wieder an die Oberfläche treten.
Die den üblichen Raumerfahrungen der Besucher entgegenstehende Komplexität des Raumprogramms setzt Neugier und Offenheit voraus, sie beschenkt mit individuellen Erlebnissen, überraschenden wie unerwarteten Ein- und Ausblicken. Von der Pavillontreppe aus werden alle Richtungen des Museums, dem pädagogischen Prinzip des Museums entsprechend, angeschlossen und sind gleichwertig zu erreichen. Es obliegt allein der individuellen Entscheidung der Besucher, ihren individuellen Weg durch das Haus zu wählen. Von hier aus geht es auf Entdeckungstour in und durch das Haus und zur Kunst. Beide sind nicht voneinander zu trennen.