Opernhafte Führung mit der neuen Atelierstipendiatin

Am 18. Januar führt die neue Atelierstipendiatin der Stadt Mönchengladbach, Evelyn Taocheng Wang, durch die aktuelle Ausstellung von Jutta Koether im Museum Abteiberg.

In Mönchengladbach hat die 32. Atelierstipendiatin Evelyn Taocheng Wang ihre Atelierwohnung in der Steinmetzstraße für ihren sechsmonatigen Aufenthalt bezogen. Kulturdezernent Dr. Gert Fischer freut sich darüber, sie begrüßen zu dürfen: "Das Ateliersstipendium ist ein kleines, aber ein wichtiges Projekt. Denn die Kunst nimmt Einfluss auf diese Stadt, bereichert sie und gibt neue Perspektiven. Jede Künstlerin, jeder Künstler hat dies auf seine eigene Weise bisher gemacht und ich freue mich schon darauf zu erleben, wie es in diesem Fall sein wird." Außerdem dankt Fischer Michael Meuser, der die Stipendiatin im Namen der Josef und Hilde Wilberz-Stiftung begrüßt, die das Stipendium finanziert. Meuser macht darauf aufmerksam, dass es wohl die erste chinesische Stipendiatin ist: "Das Künstlerinnen und Künstler aus den unterschiedlichsten Ländern hierher kommen, ist auf jeden Fall noch eine zusätzliche Bereicherung neben dem künstlerischen Austausch." Betreut wird Evelyn Taocheng Wang von der c/o-Künstlerförderung im Städtischen Kulturbüro.

Für Susanne Titz, Direktorin des Museums Abteiberg, hat das Atelierstipendium eine schöne Entwicklung genommen: "Mittlerweile sind es nicht nur ganz junge Künstler, die noch am Anfang stehen, sondern vor allem auch Künstler, die wie Evelyn Wang in der Mitte ihres Schaffens stehen. Sie könnten überall sein, zum Beispiel in New York, aber sie kommen nach Mönchengladbach." Daraus resultiert auch ein immer größer werdendes weltweites Netzwerk zwischen den Künstlern und den Einrichtungen auch in der gesamten Region.

Und so wird Evelyn Taocheng Wang sicher auch Ausflüge nach Köln und Düsseldorf machen. So hat doch Eva Birkenstock, Direktorin des Düsseldorfer Kunstvereins, Wang für das Stipendium vorgeschlagen. Ansonsten empfindet sie Mönchengladbach als gute Möglichkeit etwas zur Ruhe zu kommen: "Hier werde ich sicherlich die Möglichkeit und Zeit finden, mich und meine Arbeit zu reflektieren." Außerdem geht sie davon aus, vieles zu entdecken, was auf ihre Projekte einen Einfluss haben wird. "Meine Arbeiten nehmen viel Zeit in Anspruch, deswegen wird hier wahrscheinlich nichts völlig Neues entstehen. Dennoch wird mein Aufenthalt sicher sich in laufenden Arbeiten widerspiegeln."

Auf jeden Fall wird sie im Museum Abteiberg am 18. Januar zu erleben sein. Dann übernimmt Wang eine Führung durch die Ausstellung von Jutta Koether. Wobei, wie sie sagt, wird es nicht eine reine Führung sein, sondern fast eine eigene Performance: "Ich werde wohl auch etwas aus Opern dabei singen." Die Schönheit und Eleganz der Musik gepaart mit der Kunst, so stellt sich Wang die Führung vor. Es bleibt also spannend, wie Wang noch Mönchengladbach beeinflussen wird und die Stadt sie.

 

Weitere Informationen:

Evelyn Taocheng Wang studierte klassische Malerei und Literatur in China. Sie setzte ihre Ausbildung 2010 bis 2012 an der Städelschule in Frankfurt fort. Anschließend erwarb sie ein zweijähriges Atelierstipendium an den De Ateliers in Amsterdam. Evelyn Taocheng Wang beschäftigt sich mit Fragen nach autobiografisch und kulturell codierter Identität: Wie beeinflusst kulturelle Prägung unsere Selbst- und Fremdwahrnehmung? Wie konstituiert sich Identität und die Wahrnehmung des Körpers? Ausgehend von dem buddhistischen Weltbild, spielt die Darstellung der menschlichen Figur in der traditionellen chinesischen Malerei eine untergeordnete Rolle. Wang übernimmt in ihren Zeichnungen und Bildern häufig diesen klassischen Bildaufbau. Sie erzählt in poetischen Bildern und Texten dann aber Geschichten, in denen das individuelle Drama, bei genauem Hinsehen, umso größer erscheint. Neben Zeichnungen und Gemälden arbeitet Wang mit Video, Performances und zuletzt mit Kleidung und Stoffen. Sie untersucht beispielsweise in ihren jüngsten Arbeiten, wie Kleidung die Identität eines Menschen definiert und verändert. In den komplexen Installationen mit Zeichnungen, selbstgenähten und eigenen Kleidungsstücken zeigt sie auch Videoarbeiten und Performances, um zusätzliche Erzähl- und Zeitebenen zu erzeugen. Autobiographische Erfahrungen werden mit fiktiven Geschichten vermischt, die Kulturen miteinander verweben. Identität wird dabei immer wieder in seiner Prozesshaftigkeit begriffen.

Evelyn Taocheng Wangs Arbeiten wurden u. a. ausgestellt am Institute of Contemporary Arts (2017, London GB), KW Institute for Contemporary Art (2018, Berlin D), S.M.A.K. Museum of Contemporary Art (2019, Gent NL), TENT (2019, Rotterdam NL) sowie am FRAC Champagne-Ardenne, (2019, Reims, F). Performances wurden u. a. im Stedelijk Museum (2015, Amsterdam NL) und auf der Documenta14 (2017, Kassel D) gezeigt. Wang erhielt zahlreichen Preise, u. a. Dorothea von Stetten-Kunstpreis 2016 im Kunstmuseum Bonn und 2019 den ABN AMRO Art Award in Amsterdam.

Aktuell ist Wang in Deutschland an der Gruppenausstellung Maskulinitäten (01.09.-24.11.2019) im Düsseldorfer Kunstverein und im Kölnischen Kunstverein beteiligt.