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Manfred Heinen

Manfred Heinen

www.manfred-heinen.com

Biografie

Geboren am 5. Juni 1964 in Mönchengladbach; 1983 Abitur am Stiftisch Humanistischen Gymnasium; 1986-1990 Studium der Musikwissenschaft, Germanistik und Allgemeinen Sprachwissenschaft in Münster; anschließend Ausbildung am Jazzklavier in Arnheim; Manfred Heinen lebt heute als freiberuflicher Musiker, Schriftsteller, Kabarettist und Pädagoge in Mönchengladbach.
Die literarische Arbeit Manfred Heinens umfasst kurze bis ultrakurze, skurrile Geschichten, Gedichte, Liedtexte, pseudo-biografische Fragmente, Kasperletheaterstücke und kurze Abhandlungen über banale Themen. Zum Teil werden die Texte in die kabarettistischen Programme seines Projektes "Gut zu Fuss in Katapulco" eingewoben.

Der Autor arbeitet zur Zeit an einer HÖR-CD mit dem Titel: "Im Bann des Dr. Phonos". Dazu der Autor: "Es gibt viele Leute, die meine Texte sowieso lieber von mir gelesen hören, als sie selbst zu lesen".

Mit seiner Lust an der Sprache macht Manfred Heinen das Schreiben nicht nur einfach Spaß, sondern ist für ihn auch ein ständiges Fantasie-Training. Für ihn ist das Schreiben eine besondere Form der Kommunikation, die über die Möglichkeiten der Alltagssprache hinausweist, wobei er die Literatur schreibt, die er selber gerne lesen möchte. Schreiben bedeutet für ihn aber auch, innere Widersprüche im Prozess der Ästhetisierung auszugleichen.

Bibliografie

1997 Sämmtliche Wärrke I, Selbstverlag

Leseprobe

Schopeng und die Goldhochzeit

Jupp und Waltraud Küppers feiern ihre Goldene Hochzeit in Jupp Küppers' Lieblingslokal Op de Eck im niederrheinischen Lammersbroich. Waltraud Küppers hätte lieber zu Hause im kleinen Kreis gefeiert, sie ist mehr für die leisen Töne, ihr Mann aber hat es gerne laut und voll. Die Feier ist seit etwa zwei Stunden im Gange, und die Mettbrötchen, die zum Sektempfang gereicht wurden, haben dafür gesorgt, daß die Sektgläser bald durch Pils- und Korngedecke ersetzt worden sind, die ihrerseits dafür sorgen, daß es mit der Stimmung schon vor dem Mittagessen zum besten steht. Nur Waltraud Küppers fühlt sich ein wenig fehl am Platz, sie ist dem Alkohol nicht zugetan. Im Moment besteht ihre Aufgabe darin, sprudelschlürfend die gutgelaunte Szenerie als eine der beiden Hauptpersonen stillschweigend zu dekorieren.

Während des Mittagessens will Jupps Bruder Alfred - von allen nur Frett genannt - von Jupp wissen: "Wann kütt dann die Musick?" Jupp antwortet zunächst knapp: "Zemm Kaffee!", doch sein spitzbübisches Lächeln verrät, daß er noch einen Trumpf im Ärmel hat: "Un witze, we kütt?", fragt er mit erhobenem Zeigefinger. "Ja, we dann?" hakt Frett ungeduldig nach, und für eine Sekunde herrscht völlige Ruhe im Saal, bis die Stille von Jupp Küppers' durchdringender Stimme durchbrochen wird: "SCHOPENG!", verkündet er trocken und kippt sich als Ausrufezeichen einen Korn hinter die Binde. Ein allgemeines Raunen geht durch den Raum, nur Frett ist skeptisch: "Äwwer sach, Jupp, is denn Schopeng nit al dued?" "Äwwer Frett", antwortet Jupp kopfschüttelnd, "ich han doch jester noch mit de Mann tellefoneert."

Nach dem Mittagessen werden wieder fleißig Gedecke aufgefahren. Als Frett mit randvoller Blase die Toilette aufsuchen will, entdeckt er im Eingangsflur des Lokals einen unzeitgemäß gekleideten, kränklich wirkenden Mann, der ständig auf und ab geht und dabei unentwegt hustet. "Hüt is jeschlossene Jesellschaft", raunt Frett barsch.

"Mein Name ist Chopin", sagt der andere mit kaum hörbarer Stimme und weicht, angewidert von Fretts Alkoholfahne, ein Stück zurück.

Doch nachdem Chopin sich zu erkennen gegeben hat, wird er von Jupps Bruder überschwenglich begrüßt. Frett, der lange auf dem Bau gearbeitet hat, zerquetscht Chopin mit seinem berüchtigten Händedruck fast die Finger der rechten Hand. "Jupp!" kreischt in den Saal hinein, "Schopeng is do!" Während Frett im Klo verschwindet, wird Chopin von Jupp Küppers begrüßt. "Wo steht der Flügel?", fragt Chopin, wieder unvorstellbar leise.

"Watt vörr enne Flüjel?", fragt Jupp Küppers verdutzt. "Na, das Klavier!", antwortet Chopin, diesmal mit etwas mehr Nachruck. "Ach, datt Klaveer!", wiederholt Jupp Küppers und nach einer kurzen Pause fügt er hinzu. "Merr hann ja kee Klaveer!" Und wieder fängt Chopin an zu husten. In den Hustenanfall hinein bricht ein ohrenbetäubendes Rummsgeräusch, das Chopin fast die Schluppen auszieht; er schreckt ganz furchtbar zusammen. Jupp Küppers, der lange in einem Sägewerk gearbeitet hat, ist da aus anderem Holz geschnitzt. Er zuckt nicht mal mit der Wimper. "Watt is denn da draußen los?", fragt er, denn das Geräusch drang offenbar vom Parkplatz ins Lokal.

Als Antwort schieben sich im nächsten Moment zwei kräftige Typen in roten Overalls durch die Tür. Jeder der beiden stemmt ein Ende einer gewaltigen Elektroorgel in den Eingangsflur. Die Overalls der Träger sind mit goldglitzernden Stofflettern beklebt. Der Große Schopeng steht dort geschrieben. "Da is ja dat Klaveer!", bemerkt Jupp Küppers zufrieden. Chopin steht noch unter Lärmschock, er ist zu verdutzt, um etwas zu bemerken. Die Orgel allerdings hat er noch nie im Leben gesehen.

Die beiden Träger sind von der schnellen Truppe, sie haben das Instrument binnen zwei Minuten in einer Nische des Speisesaals aufgestellt und das Lokal sofort wieder verlassen. Chopin wird, unentwegt hustend, von Jupp Küppers an die Orgel verfrachtet.

Mit Hilfe der Tischglocke verschafft der Gastgeber sich Aufmerksamkeit:

"Leeve Jäste! Extra vörr menn Joldhochtied isse jekomme! De jruete Schopeng!"

...
(aus: Sämmtliche Wärrke I. S. 16f)